Günther Grübl: Nach fast 30 erfolgreichen Jahren ist Schluss
Buchbachs Fußballchef geht in Funktionärsrente: „Möchte keine Sekunde missen“
Beim TSV Buchbach geht demnächst eine Ära zu Ende: Günther Grübl, der seit Sommer 1991 im Amt ist, tritt bei der nächsten Wahl nicht mehr als Abteilungsleiter an. „Der Verein braucht junges Blut. Ich habe in den letzten eineinhalb Jahren gemerkt, dass mir die Kraft ausgegangen ist, deswegen mache ich nach so langer Zeit Schluss und trete ins zweite Glied zurück. Aber klar ist auch, dass ich die Zeit nie missen möchte, die ich im Fußball erlebt habe. Sowohl in sportlicher als auch gesellschaftlicher Hinsicht.“
Eigentlich wäre die Jahreshauptversammlung mit Neuwahlen bereits für April geplant gewesen, doch das Versammlungsverbot aufgrund der Corona-Krise hat diese Pläne torpediert. „Wann wir die Versammlung abhalten können, ist derzeit nicht so wichtig, entscheidend ist für mich, dass das Feld bestellt ist. Mit Georg Hanslmaier, als designierten Nachfolger haben wir einen Top-Mann gefunden, der neue Ideen hat, frischen Wind reinbringt und richtig antreibt“, erklärt Grübl und fügt an: „Ohne Georg hätte ich mir überlegt noch mal anzutreten, weil ich nicht gewollt hätte, dass irgendwer diesen Job macht. Aber Georg hat ja bereits seit vielen Jahren bewiesen, dass er die gleiche Philosophie lebt. Und er hat mich auch in den letzten eineinhalb Jahren schon massiv unterstützt und mir extrem viel Arbeit abgenommen.“
Dass der TSV Buchbach einmal in Bayerns höchster Amateurklasse spielen würde, war im Sommer 1991 nicht ansatzweise denkbar. Der Verein dümpelte in den Niederungen der Fußball-B-Klasse herum, die sportliche Perspektive war gleich null. „Ich habe damals gerade als Spieler in Weidenbach aufgehört und konnte mir überhaupt nicht vorstellen, dass ich mal Funktionär werden würde“, so Grübl, den die Buchbacher Offerte als Abteilungsleiter einzusteigen, einigermaßen überrascht hat. „Ich habe mir bei den Leuten um Sponsor Albert Kerbl ein paar Wochen Bedenkzeit erbeten, habe mir aber dann ein Konzept überlegt und erklärt, dass ich den Posten wenigstens vier Jahre machen wolle, um ein gewisses Niveau zu erreichen.“ Der Anfang war holprig und der Einstieg ziemlich hart: Die 1. Mannschaft konnte die Klasse nicht halten und stieg in die C-Klasse ab, die 2. Mannschaft meldete Grübl nach wenigen Wochen ab: „Jeden Sonntag haben einige Spieler in der Früh angerufen und abgesagt. Das ist mir schnell zu blöd geworden. Das war aber beileibe nicht die einzige unpopuläre Entscheidung.“ Inzwischen spielt die 2. Mannschaft ja Bezirksliga und wird in der Zukunft auch mehr und mehr Spieler für die Regionalligamannschaft ausbilden.
Auch in den folgenden Jahren musste der junge Abteilungsleiter immer wieder Entscheidungen treffen, die vielen Leuten nicht gefallen haben. Grübl: „Ich habe immer das Wohl des Vereins im Auge gehabt und das konsequent durchgezogen. Wobei ich mit der Rückendeckung meiner Funktionäre immer sicher sein konnte. Und das war die Basis für spätere Erfolge. Namentlich möchte mich bei Georg Hanslmaier, Erwin Bierofka, Martin Hanslmeier, Leonhard Werner, Wolfgang Bauer, Helga Limmer, Michael Buchholz, Erich Haider, Walter Lippl, Platzwart Gino, Sigi Werner, Manfred Ebert sowie unseren Hauptsponsoren Familie Albert Kerbl und Familie Franziska und Franz Bauer bedanken, die fast alle von Anfang an dabei waren. Ich hatte immer starke Rückendeckung, sonst wäre der ganze Weg nicht möglich gewesen.“
Erst nach der zweiten Saison gelang dann die Rückkehr in die B-Klasse, die nach der Ligenrefom nun Kreisklasse hieß. Von da an ging es relativ schnell steil bergauf: Zwischen dem 19. August 1995 und dem 23. Mai 1998 blieb die Mannschaft in 75 Ligaspielen ungeschlagen. Dieser Deutsche Rekord wurde erst 2006 vom TSV Stahl Riesa mit 78 Spielen ohne Niederlage überboten. Der Aufstieg in die Kreisliga in der Saison 1995/96 war übrigens die erste Spielzeit unter der Regie von Trainer Anton Bobenstetter, der die Mannschaft 1998/99 schließlich in die Bezirksliga führte, ehe er sich dem Landesligisten TSV Ampfing anschloss, weil für die Rot-Weißen die Bezirksliga das maximal erreichbare Ziel zu sein schien. Vier Jahre gehörten die Buchbacher dieser Klasse an, schafften dann unter dem inzwischen zurückgekehrten Bobenstetter den Sprung in die Bezirksoberliga und dort gleich den Durchmarsch in die Landesliga. „Jeder Aufstieg war für mich ein Highlight, egal in welche Klasse, Aufstiege sind für jeden Fußballer ein Traum“, so Grübl, der sich noch bestens an das erste Heimspiel der Frühjahrsrunde im März 2006 erinnert, als über 50 Freiwillige zusammengetrommelt wurden, die den Platz vom Schnee befreit haben, so dass das Schiedsrichtergespann zum Unglauben von Gegner FC Augsburg II das Spiel anpfiff: Buchbach setzte sich auf der Pfützenlandschaft mit 2:1 durch, legte so den Grundstock zum Klassenerhalt und sorgte bayernweit für Aufsehen. „Das war schon legendär“, erinnert sich Grübl mit einem diebischen Lächeln auf den Lippen: „Unserem damaligen Kapitän Sepp Kupper hätten wir fast Schwimmflügerl anziehen müssen, damit er nicht ertrinkt.“
Zwei Jahre später wurde der FC Augsburg II von einem gewissen Thomas Tuchel trainiert, der in zwei Spielzeiten gleich drei Niederlagen gegen Buchbach einfuhr und zwei Mal mit leeren Händen die Marktgemeinde an der Grenze zu Niederbayern verlassen musste. Und mit der Augsburger Profi-Reserve verbindet Grübl ein weiteres Highlight: Nach jeweils vier Jahren Landes- und Bayernliga qualifizierten sich die Rot-Weißen 2012 für die neu geschaffene Regionalliga Bayern und starteten ihren ersten Sonderzug ins Augsburger Rosenau-Stadion. „Das war schon gewaltig, als wir dort am Bahnhof mit über 600 Fans angekommen sind und mit der Blasmusik die zweieinhalb Kilometer auf der extra für uns gesperrten Straße ins Stadion eingezogen sind“, so Grübl, der all die weiteren Sonderzugfahrten nach Nürnberg, Regensburg, Ingolstadt und zuletzt nach Schalding in vollen Zügen genossen hat: „Es gab so viele Highlights, die kann man gar nicht alle aufzählen, aber im Prinzip ist jedes Heimspiel in unserem Schmuckkästchen ein Schmankerl. Das Flair, die Stimmung – Emotionen, die auch nach acht Jahren Regionalliga ungebrochen sind.“ Mit Sicherheit war für einige Fans die Buchbacher Zugehörigkeit zu Bayerns Eliteklasse schon ein wenig selbstverständliche Normalität, aber wenn es nach der Corona-Pause wieder losgeht, wird auch der letzte Stadionbesucher wissen, was er über viele Monate so schmerzlich vermisst hat. Da braucht es dann nicht zwingend Höhepunkte wie etwa das erste Fernsehspiel in der Vereinsgeschichte, als Buchbach im April 2016 den heutigen Zweitligisten Jahn Regensburg vor ausverkauftem Haus mit 1:0 besiegt hat. „Wenn man seinen eigenen Verein zum ersten Mal im Fernsehen sieht, mit dem man ganz unten angefangen hat, dann ist das schon etwas Besonderes“, hat Grübl beste Erinnerungen, wie auch an den 1:0-Sieg im Juli 2017 gegen die Münchner Löwen.
„Die vielen Erfolge der fast 30 Jahre sind weder allein an meiner Person noch am Trainer Bobenstetter festzumachen. Das war das Team, das war die Gemeinschaft. Und ich wiederhole mich gerne: Für mich war die Putzfrau immer so wichtig wie der Vorstand“, sagt der 59-Jährige, der in den ersten Jahren nicht nur seine Familie mit vier Töchtern gegründet hat, sondern auch noch die Meisterschule und den Hausbau gestemmt hat: „Ich muss mich echt bei meiner Frau Rosi und den Kindern bedanken, die das alles immer toleriert haben. Und bei meinen Freunden, die bei mir auf dem Bau gerackert haben, während ich auswärts irgendwo auf dem Fußball-Platz war.“
Dass Grübl mit BFV-Präsident Rainer Koch ein sehr freundschaftliches Verhältnis pflegt, dürfte spätestens seit seinem 25-jährigen Dienstjubiläum bekannt sein, für den Buchbacher Fußball-Boss sind die guten Beziehungen zum Verband aber alles andere als eine Selbstverständlichkeit: „Es ist schon außergewöhnlich, dass man als kleiner Verein beim Verband so angesehen ist, voran gehen darf und oft als Beispiel hergenommen wir, was möglich ist, wenn eine Gemeinschaft zusammenhält.“
Und genau dieses Gemeinschaftsgefühl würde sich Grübl für die letzten Wochen seiner Amtszeit noch mal sehnlichst wünschen: „Unsere Aktion mit dem Soli-Ticket ist gut angelaufen, aber wir brauchen noch mehr Unterstützung. Gerade in diesen schwierigen Zeiten müssen wir zusammenstehen. Für uns geht es wirklich ums Überleben, deswegen freuen wir uns über jedes Ticket, das im Rahmen unserer Aktion über unsere Homepage gekauft wird. Und genauso freuen wir uns, wenn wir unsere Freunde und Unterstützer in der SMR-Arena begrüßen können, sobald der Ball wieder rollt.“
Fotos und Text: © mb.presse, weitere Veröffentlichungen nur mit Zustimmung des Autors